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Auswirkungen von Sport auf das Immunsystem

  • Prof. Dr. med. Timo Heidt
Jeder Sportler, ob im Freizeitbereich oder als Profi, sollte Grundkenntnisse über sein Immunsystem besitzen und die Wechselwirkungen von Immunsystem und Sport zumindest im Ansatz verstehen – insbesondere den sogenannten „Open Window“-Effekt.

Der Aufbau des Immunsystems

Das Immunsystem lässt sich vereinfacht in 2 Systeme aufteilen – das angeborene und das erworbene Immunsystem.

Das angeborene Immunsystem im Körper besteht aus Abwehrzellen, die körperfremde Stoffe wie Bakterien und Viren im Blut, im Gewebe und an den Schleimhäuten erkennen, „fressen“ und dadurch unschädlich machen. Zu diesen Abwehrzellen gehören die sogenannten neutrophile Granulozyten, natürliche Killerzellen (NK-Zellen) und Makrophagen. Werden Krankheitserreger erkannt, initiiert das angeborene Immunsystem über Botenstoffe und Rekrutierung weiterer Immunzellen eine Entzündungsreaktion und Stoffwechselprozesse wie Fieber, die Bakterien und Viren töten.

Ein Teil des Systems arbeitet zusätzlich an einem Immungedächtnis. Merkmale des Erregers werden hierzu an das erworbene Immunsystem weitergereicht.

Dieses erworbene Immunsystem ist die zielgerichtete „Spezialeinheit“ gegen Krankheitserreger. Allerdings muss es erst trainiert werden. In der Fachsprache: CD4 Zellen verarbeiten hierzu die Signale Antigen-präsentierender Zellen und vermitteln die Antikörperproduktion durch Plasmazellen. Werden Merkmale von Krankheitserregern im Blut erkannt, binden Antikörper sofort an deren Oberfläche und markieren den Fremdkörper. Sogenannte zytotoxische T-Zellen erkennen diese Antikörperkomplexe und gehen dann gezielt gegen den Eindringling vor.

Wie im Team-Sport ist vor allem das Zusammenspiel der einzelnen Akteure für die Abwehrkraft des Immunsystems entscheidend.

Wie wirkt Sport auf das Immunsystem?

Sport hat einen relevanten Effekt auf die Zusammensetzung und vor allem die Aktivität des Immunsystems und folgt dabei einer J-Kurve.

Regelmäßiges aerobes Grundlagen-Ausdauertraining (GA1) mit einer Trainingsdauer bis 60 Minuten weist eine klare Booster-Funktion für das Immunsystem auf. 

Die Präsenz und Aktivität der oben genannten Abwehrzellen werden in Blut und Gewebe durch moderates Training gesteigert. Auch steigt die Präsenz spezifischer Antikörper an den Schleimhäuten, was die Widerstandskräfte steigert. Diese Effekte sind jedoch zeitlich begrenzt, so dass regelmäßig trainiert werden muss, um den Effekt zu halten. Stresshormone, die das Immunsystem schwächen könnten, spielen in diesem Bereich keine wesentliche Rolle.

Dies ändert sich jedoch bei intensiverer Trainingslast (GA2 und Wettkampf) sowie erhöhter Leistungsdauer von über 60 Minuten. Durch Ausschüttung von Stresshormonen und oxidativen Stress ist nach sehr intensiven Trainingseinheiten oder Wettkämpfen der Immunstoffwechsel und die Aktivität des Immunsystems mit der Produktion von Antikörpern für Stunden bis Tage reduziert. Deshalb leiden Spitzensportler während oder besonders nach wichtigen Wettkämpfen (zum Beispiel den Olympischen Spielen) häufig an „Erkältungen“, was man als Laie kaum versteht. Man glaubt ja, junge, leistungsfähige Sportlerinnen und Sportler müssten grundsätzlich gesund und widerstandsfähig gegen Infekte sein.

Die J-Kurve besagt nun folgendes: Während kontinuierliches, moderates Training das Risiko von Atemwegsinfekten in Studien um 40 bis 50 Prozent reduzierte, ist das Erkrankungsrisiko nach intensiven Trainingsintervallen oder Wettkämpfen um das 2- bis 6-fache erhöht. Dieser Vorgang wird als "Open Window" Effekt bezeichnet und sollte in der Trainingsplanung unbedingt berücksichtigt werden. Es gilt also, ausreichende Erholungsphasen einzuplanen und entsprechende Hygiene-Vorkehrungen zu treffen. Wer anfällig ist, sollte beispielsweise volle Umkleiden nach Wettkämpfen meiden und keine Wasserflaschen teilen.  

Optimale Unterstützung des Immunsystems beim Sport

Durch eine passende Ernährung lässt sich das Immunsystem während und nach einem Wettkampf oder bei intensiven Trainingseinheiten optimal stützen. So sollte eine ausreichende Zufuhr von Kohlenhydraten vor allem bei Ausdauerbelastung erfolgen, als Norm gelten 30 bis 60 Gramm pro Stunde. In Studien konnte hierdurch die Entzündungsreaktion im Körper nach einem intensiven Training um bis zu 40 Prozent reduziert werden.

Besonders gut eigenen sich auch Bananen, da sie neben den notwendigen Kohlenhydraten auch Polyphenole enthalten, die zusätzliche anti-inflammatorische, anti-oxidative und auch immunmodulatorische Effekte aufweisen. Rosinen wären eine passende Alternative für Bananen, denn auch sie enthalten Polyphenole und Zucker.
 

prof dr med timo heidtZur Person: 

Prof. Dr. med. Timo Heidt ist Chefarzt für Kardiologie der Max Grundig Klinik.

Er beschäftigt sich intensiv mit Leistungs- und Präventivmedizin rund um den Sport.

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